Archäologie unter Wasser im TSV NRW

Seit 2006 bietet der TSV-NRW diverse Spezialkurse zur Unterwasserarchäologie an. Denn auch in unseren Flüssen, Seen und Küstenregionen erzählen Schiffsreste, Anker, aber auch kleinere Funde von einem reichen Unterwassererbe. Zusammen betrachtet bilden sie eine aussagekräftige Geschichtsquelle, die von allen Sporttauchern im Sinne der Idee des Umweltschutzes erkannt, geschützt und gepflegt werden sollte. Im TSV NRW werden mittlerweile drei Kurse zur Archäologie unter Wasser durchgeführt:

  • SK „Denkmalgerechtes Tauchen“
  • SK „UW-Archäologie I“
  • SK „UW-Archäologie II“

Der SK „Denkmalgerechtes Tauchen“ ist ein Einstieg in die Welt der Unterwasserarchäologie. Die TeilnehmerInnen lernen, wie sie sich richtig verhalten, wenn sie überraschend beispielsweise auf unbekannte Holzteile treffen: Ein altes Boot? Was ist nun zu tun? Ohne das Objekt zu berühren und damit möglicherweise zu zerstören, sollten sie eine Fundbeschreibung in Verbindung mit einer präzisen Positionsbestimmung machen. Auch sollten sie zunächst keinen anderen Tauchern von ihrer Entdeckung berichten. Ihre Fundbeschreibung ist oft die Basis für eine qualifizierte Fundmeldung, das wichtigste und erste Kettenglied in der Reihe wissenschaftlicher Bearbeitung archäologisch-historischer Funde.

Theorie

  • Einführung in die Unterwasserarchäologie
  • Kleine Quellenkunde zur Erkennung relevanter Denkmäler
  • Altersbestimmung in der Unterwasserarchäologie und Konservierung
  • „Recht und Ethos" des Sporttauchens

Tauchgänge

Diese theoretischen Lerneinheiten werden praktisch in zwei Tauchgängen mit Positionsbestimmung und Fundmeldung umgesetzt.

Der SK „UW-Archäologie I“ vertieft Kenntnisse in Tauchen und Wissenschaft: Die Teilnehmer lernen, wie sie ein unterwasserarchäologisches Objekt identifizieren und eine präzise Fundbeschreibung verfassen können. Darüber hinaus erlernen sie charakteristische Vermessungsübungen, wie sie in der Unterwasserarchäologie praktiziert werden.

Theorie

  • Einführung in die Archäologie und die Geschichte der Unterwasserarchäologie
  • Fundplatzkategorien und berühmte Fundplätze
  • Dokumentation: Foto und Video
  • Datierungsmethoden
  • Rechtslage, Fundmeldung und Verhaltenstipps
  • Tauchsicherheit bei Unterwasserarbeiten
  • Konservierung und Nachbearbeitung
  • Vermessungsmethoden

Schwimmbadübungen

  • Praxis I: Dokumentations- und Vermessungsübungen
  • Auswertung der Vermessungsergebnisse
  • Zeichnungen der Objekte an einem Raster

Der SK „UW-Archäologie II“  vertieft die Theorie und setzt die Übungen vom Einführungskurs und dem SK „UW-Archäologie I“ fort. Im Zentrum steht die Dokumentation eines Unterwasser-Objekts: Die Teilnehmer lernen die Dokumentation ihrer Arbeiten, die Positionsbestimmung der Fundstelle, zeichnen, messen (beispielsweise Offsetmessung (= Orthogonalvermessung) und Trilateration (= Dreipunktmessung) und üben Foto- und Videotechniken. Zum Abschluss verfasst jeder Teilnehmer einen sogenannten Prospektionsbericht über die geleisteten Messungen, der Beurteilung des Fundorts und anderem. Er/sie erlangt dadurch den Status eines Helfers auf dem Gebiet der Unterwasserarchäologie. Hinzu kommt der Besuch von zwei Tagungen oder Kongressen zur Unterwasserarchäologie.

Flossen weg und Klappe halten!

Häufig beginnen die Kurse in Duisburg und wechseln dann am zweiten Tag für die beiden Tauchgänge nach Xanten oder in den jeweiligen Vereinssee. Als sehr produktiv hat sich die Durchführung des Theorieteils im Binnenschifffahrtsmuseum in Duisburg-Ruhrort erwiesen. Wir wurden dort stets sehr freundlich aufgenommen und können unter hervorragenden räumlichen und technischen Bedingungen den Theorieteil der Kurse durchführen. Außerdem ist eine interessante Führung durch das Museum mit unterwasserarchäologischen Fragestellungen fester Bestandteil des Theorietages: So können reale Ausgrabungsobjekte wie die römischen Anker aus dem Xantener Raum betrachtet werden. Diese unmittelbare Begegnung mit antiken Gegenständen macht sehr viel deutlicher als alle Theorie, wie wichtig es ist, Taucher für einen vorsichtigen Umgang mit Denkmälern unter Wasser zu sensibilisieren. Wer sieht, wie schnell man diese äußerst verletzlichen Zeugnisse vergangener Zeiten unwiederbringlich zerstören kann, begreift sofort: Flossen weg von Denkmälern unter Wasser!

Am Folgetag schließen sich die beiden Praxisteile beispielsweise in der Xantener Südsee an. Zunächst wird ein Orientierungstauchgang zu einem versenkten neuzeitlichen Schiff durchgeführt. Bei diesem Tauchgang sollen die Teilnehmer gut tariert und denkmalgerecht an dem Wrack tauchen und die Umgebung dieses »Fundobjekts« erkunden. Beim zweiten Tauchgang werden Notizen zur Lage, Tiefe des Wracks und eine grobe Skizze des Schiffs angefertigt. Nach den Tauchgängen werden Daten wie die Ergebnisse der Kreuzpeilung ausgetauscht und miteinander verglichen. Diese Angaben wären im Falle eines Fundes eine wichtige Grundlage für eine gute Fundmeldung. Auf keinen Fall sollten die Informationen an andere Taucher weitergegeben werden, bevor ein sachkundiger Archäologe die Fundstelle bewertet hat. Also: Flossen weg und Klappe halten!

Zielgruppe

Sport-, Berufs- und Rettungstaucher, Geschichts- und Archäologiestudenten sowie interessierte Privatpersonen, Übungsleiter und Tauchlehrer.

Voraussetzungen

Mitglied in einem Tauchsportverband (bspw. VDST) bzw. gültige Tauchsportversicherung (DAN, AQUAMED), gültige tauchsportärztliche Untersuchung (GTÜM, G31), DTSA* oder Äquivalent, 50 Pflichttauchgänge. Die Spezialkurse Gruppenführung und Orientierung werden empfohlen, ebenso gute Tarierfähigkeiten.

Die Teilnahme am Spezialkurs „Denkmalgerechtes Tauchen“ stellt keine Voraussetzung für die Teilnahmen an dem SK „UW-Archäologie I“ dar.

Mit Maßband und Zeichenbrett

Erster TSV Kurs zur Unterwasserarchäologie durchgeführt

Ein ungewohntes Bild unter Wasser: Mit Beinen und Flossen nach oben zeichnet ein Taucher die Umrisse eines Wracks. Die seltsame Schwimmlage führt dazu, dass er kein Sediment aufwirbelt. Mit Froschschwimmschlägen nähert sich seine Partnerin mit einem Maßband. Gemeinsam messen sie Teile des Wracks ein, notieren die Tiefe, fertigen eine Übersichtskizze des Fundes an und tauchen auf um eine Orientierungspeilung vorzunehmen. Im Ernstfall wären diese Informationen eine gute Grundlage für eine Fundmeldung an das Landesdenkmalamt.  Vom 23.06. bis zum 25.06.06 fand zum ersten Mal der Spezialkurs „Denkmalschutz und Archäologie unter Wasser“ in Nordrhein-Westfalen statt. Trotz Fußball-Weltmeisterschaft, und Ferienanfang kämpften sich 14 hoch motivierte TeilnehmerInnen durch die Feierabendstaus zur Sportschule in Hennef. Geleitet wurde der Kurs von Gerd Knepel, der sowohl organisatorisch als auch in der Präsentation von Kursinhalten  von Dr. Marcus Heinrich Hermanns, Thomas Kremers und Dr. Ingo Runde unterstützt wurde. Der gemeinsam mit der DEGUWA (Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie) organisierte dreitägige Kurs deckte die Inhalte des SKs Denkmalgerechtes Tauchen sowie des internationalen Brevets der britischen Nautical Archaeology Society ab, so daß der Kurs gleichzeitig als NAS I anerkannt werden konnte.
Beim Spezialkurs „Denkmalgerechtes Tauchen“ werden die TeilnehmerInnen dafür sensibilisiert, kulturelle Hinterlassenschaften unter Wasser nicht unwiederbringlich zu zerstören, sondern durch einen vorsichtigen Umgang zu erhalten. Zufällige Funde müssen laut Gesetz möglichst gut dokumentiert und sofort an ein Landesdenkmalamt gemeldet werden. Bei dem Kurs „Denkmalschutz und Archäologie unter Wasser“ erhalten die TeilnehmerInnen darüber hinaus einen ersten Einblick in die Arbeit von Unterwasserarchäologen und üben Ausgrabungsmethoden, die typisch für die archäologische Arbeit unter Wasser sind.

Der Kurs zur Einführung in die Unterwasserarchäologie war für die Teilnehmer und Referenten phasenweise sehr anstrengend: So hat der Arbeitsblock am Freitagabend bis tief in die Nacht von allen TeilnehmerInnen, die ja schon die Anreisestaus hinter sich gebracht hatten, das Letzte gefordert. Wegen der Unterbrechung für das WM-Fußballspiel mussten auch am Samstag Spätschichten einlegt werden. Als ausgleichende Gerechtigkeit wurden die Schwimmbadübungen an diesem Tag im Freibad bei strahlendem Sonnenschein durchgeführt Hier übten die Kursteilnehmer die Tauchtechniken, die sie später im „Ernstfall“ benötigten und merkten schnell, wie schwierig eine gute Tarierung ist, wenn man gleichzeitig zeichnet oder Vermessungen durchführt. Da in den Duisburger Seen die Algenblüte die Sicht auf zwanzig Zentimeter reduzierte, wurde der Praxisteil am Sonntag nicht im Wambach See sondern im See Widdauen II bei Langenfeld absolviert. Kurzfristig hatte uns der dort ansässige Schwimmverein Langenfeld 1912 e.V. (Abteilung Sporttauchen) sein Tauch-Revier zur Verfügung gestellt. So konnten wir an einem Wrack in ca. zehn Meter Tiefe die Fundmeldung, das Anfertigen einer Skizze sowie Vermessungs- und Zeichenarbeiten umsetzen. Einer der Teilnehmer kommentierte den Kurs: „Es macht richtig Spaß, unter Wasser mal was Sinnvolles zu machen und richtig zu arbeiten!“

Am Sonntag hatten wir alle das gute Gefühl, eine rundum gelungene Einführung in den Denkmalschutz und die Archäologie unter Wasser realisiert zu haben. Entsprechend ermutigt uns die Begeisterung der Kursteilnehmer, in NRW zukünftig regelmäßig weitere Kurse dieser  Ausbildungsschiene anzubieten: Kurse zum Denkmalgerechten Tauchen, NAS-I-Kurse sowie auch NAS-II-Kurse. Termine werden natürlich rechtzeitig im Sporttaucher bekannt gegeben.

Thomas Kremers / Marcus Heinrich Hermanns

Berichte und Links zur Unterwasser-Archäologie

Kurse und Inhalte im Internet:

Berichte über Kurse im Internet:

Berichte über Kurse:

Bericht NAS I Hennef 2006 (116 KB)

Bericht DGT Xanten 2007 (111 KB)

Bericht DGT Duisburg Xanten 2009 (110 KB)

Bericht DGT Duisburg Xanten 2013 (111 KB)

2010 veröffentlichte die Lokalpresse Artikel über unsere Ausbildungsarbeit:

Duisburg Süd, 06.08.2010

NRZ, 11.09.2010 (Seite 1)

NRZ, 11.09.2010 (Seite 2)